»Sind wir nicht alle Kaninchen im Großversuch Internet? Ja, das sind wir. Wir sind das weiße Kaninchen aus Alices Wunderland. Ständig im Zeitminus, rennen wir uns selbst hinterher und verpassen unterwegs das Wertvollste: unser L(i)eben.« ANITRA EGGLER
Eine kleine Zitate-Sammlung von Anitra Eggler. //
Ich liebe Digitalika. Was ich nicht mag, ist, was Menschen und Monopole damit machen. Ich bin nicht anti digital. Ich bin gegen die Monopolisierung von Macht und die freiwillige Versklavung der Menschheit aus Faulheits- und Naivitätsgründen. Ich bin pro Menschenverstand und pro Lebenszeit. MeinAnspruch ist schlicht: Ich will nicht weniger digital sein, sondern besser!
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Wenn Menschen digitale Kommunikation aus Unkenntnis oder mangels Medienkompetenz verweigern und gleichzeitig zu faul sind, ihre Wissenslücken in Eigenregie zu schließen, findet das nicht meinen Beifall, sondern mein Beileid.
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Sind Sie auf Instagram? Nein. Nützen Sie WhatsApp? Nein. Kennen Sie Snapchat? Nein. Dann sind Sie Nichtschwimmer. Wie wollen Sie Ihren Kindern Schwimmen beibringen? Eltern müssen sich im Internet genauso gut auskennen wie ihre Kinder, Lehrer noch besser. Alles andere ist fahrlässig und ein Brandbeschleuniger in Richtung Ende der Menschheit.
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Internet kann man nicht aussitzen. Die digitale Wirtschaft überholt immer rechts und das schneller, als ein Politiker »Legislaturperiode« oder »Wiederwahl« auch nur denken kann. Digital hebelt alle Gesetze aus, lange bevor sie verabschiedet werden können – das aktuelle Datenschutzgesetz ist 21 Jahre alt. Digital hebelt die Gewalten aus und setzt die Gewaltenteilung außer Kraft. Digital hat die Politik und die Medien entmachtet und den Homo Digitalis versklavt.
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Daimler, Volkswagen, Google – wenn Top-Unternehmen beginnen, ihre Mitarbeiter vor sich selbst zu schützen, ist es sechs nach zwölf. Warum verordnen immer mehr Firmen mailfreien Feierabend und digitale Entgiftung? Weil das Gegenteil Geld und Gesundheit kostet: Burnout-Anstieg durch ständige Erreichbarkeit, Produktivitätsverlust durch Dauerablenkung, Demotivation und innere Kündigung durch Management by E-Mail, by Meetings und by Überdosis Sofortness. Das digitale Hamsterrad dreht durch und verursacht rasenden Stillstand.
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1998 war DIGITAL Synonym für Freiheit. Grenzenlose Freiheit. Wir wussten, was wir tun, aber wir wussten nicht, wohin das führt. Den Highway of Datahell, unsere freiwillige Entmündigung, die selbstinitiierte Versklavung, das selbstverschuldete Outsourcing unseres Hirns, die Monopolisierung der wichtigsten und gefährlichsten digitalen Geschäftsfelder, die beginnende totale Überwachung von allem Sein durch Privatfirmen in Eigenregie und in Zusammenarbeit mit Regierungen … das ahnte niemand, das kann doch auch niemand gewollt haben, oder?
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Meine Lieblings-Freischwimmer-Regel war und ist: You have to say NO, NO, NO until your tongue bleeds!
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Was ich für Produktivität und Engagement hielt, war nichts weiter als Beschäftigungstherapie. Ich las mir ein paar E-Mails durch, studierte die CC-Zeilen und erkannte: »Wichtiger als, was man kommuniziert, ist inzwischen: dass man kommuniziert.« Das hat mit Produktivität nix mehr zu tun. Das ist blinder Aktionismus.
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Die Digitalisierung schien mir als ein Weg in die Freiheit. Ich sah immense Chancen für das Individuum, für den Individualismus, für Demokratisierung, für die Vernetzung der Welt. Dann erkannte ich: Digitalisierung macht uns so unfrei wie nie zuvor. Und das Schlimmste ist, wir versklaven uns selbst!
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Die digitale Revolution ist vorbei, weil ihre Gewinner keine Verhandlungsmasse übrig gelassen haben. Die Gewinner haben die mächtigsten digitalen Geschäftsfelder erfolgreich monopolisiert. Jetzt genießen sie Digital Detox im Silicon Valley, zelebrieren handyfreie Freitage und schicken ihre Kinder auf Waldorfschulen, die sittenwidrig teuer sind. Dort lernen die Eliten von morgen Strickzeug statt Smartphone.
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»Wenn es irgendetwas gibt, was man nicht über Sie wissen sollte, dann sollten Sie es vielleicht gar nicht erst tun.« Das nenne ich guten Rat. Danke, Google. Bislang waren solche Sätze Diktatoren vorbehalten.
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Verbote machen das Verbotene interessant. Wenn Sie Ihre Kinder dazu bringen möchten, zu lesen, dann verbieten Sie Bücher! Wäre schön, wenn das so einfach wäre, aber einen Versuch ist es wert, oder etwa nicht?
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Ist das nicht enttäuschend? Jetzt hätte die Menschheit mal die Chance gehabt, auf so viele Informationen wie noch nie zuzugreifen, um sie in Wissen zu verwandeln. Und was macht die Menschheit? Sie wird immer blöder. Denn: Information ist nicht gleich Wissen. Digitaler Denkfehler. Googeln, also tumb Informationen klicken, und Wissen aufbauen haben so viel gemein wie der Papst und die Pornoindustrie, wobei … wer kann das wissen …
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Sind wir nicht alle Kaninchen im Großversuch Internet? Ja, das sind wir. Wir sind das weiße Kaninchen aus Alices Wunderland. Ständig im Zeitminus, rennen wir uns selbst hinterher und verpassen unterwegs das Wertvollste: unser L(i)eben.
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Warum lohnt es sich dann überhaupt noch zu kämpfen? Weil Kapitulation der Tod ist. Weil wir es allen Menschen, die für Freiheit und Demokratie ihr Leben gelassen haben, schuldig sind. Kann doch nicht sein, dass wir unsere digitalen Grundrechte verspielen, bevor wir sie hatten, oder? Wir müssen die rosa Brille absetzen und beginnen, uns gegen die digitale Diktatur zu wehren!